04. April 2018
willhaben
willhaben-Umfrage: Wie ticken heimische Lehrlinge?
Welche Bewerbungs-Tipps geben die Personal-Profis? Was sind die größten No-Gos?
Die Job-Plattform willhaben hat gezielt mehr als 2.000 Personen, die planen, eine Lehre zu beginnen, gerade eine Lehre absolvieren oder nach einer Lehre bereits aktiv im Berufsleben stehen, um ihre Meinung gebeten. Insgesamt wurden mehr als 3.500 User in ganz Österreich befragt. Darüberhinaus hat willhaben von den HR-Abteilungen der Robert Bosch AG, der kika/Leiner Gruppe und aus dem BILLA Human Resource Management (REWE International AG), die alle in Österreich Jahr für Jahr zahlreiche Lehrlinge ausbilden, ein Stimmungsbild und Tipps für angehende Lehrlinge eingeholt.
Verbessertes Image, aber negative Klischees
47,2 % aller Befragten sehen ein, in den vergangenen Jahren besser gewordenes Image der Lehr-Ausbildung. 44,5 % jener, die bereits eine Lehre gemacht haben und 61 % jener, die sicher eine machen wollen, sehen dies genauso. Auch mehr als 53 % der Personen, die keine Lehre gemacht haben und auch keine mehr machen werden, beurteilen das Image der Lehre aus Ihrer Sicht besser, als dieses noch vor ein paar Jahren war. 22,5 % aller Befragten meinten hingegen, das Image sei schlechter geworden und gleich geblieben ist es für 18,6 %.
In den Ausbildungsbetrieben sieht man sich trotz dieses Stimmungsbildes teilweise noch mit „negativen Klischees“ gegenüber dem Lehrberuf konfrontiert, berichtet etwa Manuela Koisser, HR-Managerin für Billa (bildet derzeit in Summe rund 1.000 Lehrlinge aus) in der REWE International AG. Koisser würde sich wünschen, dass „die großartigen Chancen und Entwicklungsmöglichkeiten, die eine Lehre bietet“ in der Öffentlichkeit, vor allem aber auch in den Schulen noch stärker thematisiert werden.
Mehrheit der Befragten sieht verbesserte Berufschancen nach Lehrlingsausbildung
Geht es nach der Einschätzung der von willhaben Befragten, hätte diese positive Thematisierung jedenfalls große Berechtigung. 42,2 % aller Befragten sind der Meinung, dass die Berufsaussichten mit Lehre in den vergangenen Jahren besser geworden sind. Jene, die eine Lehre gemacht haben zu 43,4 %, jene, die sicher eine Lehre machen wollen sogar zu 52,5 %. Rund 24 % aller Befragten geben hingegen an, dass die Berufsaussichten aus ihrer Sicht schlechter geworden seien.
Trotz der verbesserten Aussichten sind „gute Lehrlinge im Moment hart umworben“, bestätigt auch Martina Wasser, Leiterin der Personalentwicklung in der kika/Leiner Gruppe, die derzeit insgesamt mehr als 350 Lehrlinge ausbildet. Um noch mehr junge Menschen für eine Lehrlings-Ausbildung zu begeistern, ist es aus ihrer Sicht daher wichtig, dass von allen Seiten weiterhin und noch mehr in „das Image und den Stellenwert der Lehre investiert wird.“
Stimmungs-Spitzenwerte in Oberösterreich und Salzburg
Vor allem die Salzburger (57,8 %) und Oberösterreicher (51,3 %) unter den Befragten sehen die zukünftigen Berufschancen für Lehrlinge besonders positiv, das Schlusslicht bilden hier die Wiener mit 31,6 % und Burgenländer (36,6 %). Die männlichen Befragten sehen die Entwicklung der Berufsaussichten etwas positiver als die weiblichen Befragten: 43,8 % der Männer sehen verbesserte Chancen (22,4 % verschlechterte), jedoch nur 40,4 % der Frauen (26,1 % verschlechterte).
Image-Verbesserung rund um den Lehrberuf orten vor allem Salzburger (60,1%), Oberösterreicher (52,3 %) und Kärntner (51,5 %). Weibliche Befragte sehen die Image-Entwicklung des Lehrberufes etwas positiver als die männlichen Kollegen. 48 % der Frauen orten eine Imageverbesserung (22 % eine Verschlechterung), bei den Männern waren es 46,9 % (22,8 % eine Verschlechterung).
Für Unternehmen, die Lehrlinge ausbilden, wird die eigene Positionierung in jedem Fall immer wichtiger: "Bereits jetzt und auch zukünftig, müssen sich Unternehmen gezielt auf Lehrlingssuche begeben und sich eine eigene Arbeitgebermarke am Markt aufbauen", zeigt sich Josipa Basta, Lehrlingsbeauftrage in der Robert Bosch AG, die in Österreich jährlich mehr als 100 Lehrlinge ausbildet, überzeugt.
Freude an Einkommen und handwerklichen Tätigkeiten
Von den befragten willhaben Usern gaben 43,8 % als Hauptinteresse für eine Lehre an, dass ihnen eine handwerkliche Tätigkeit gefällt. Früh eigenes Geld verdienen und auf eigenen Beinen stehen, war ein weiterer Hauptgrund (38,7 %). Weiters wurden genannt: Kein anderes Bildungsangebot in der Region (6,6 %), die Möglichkeit den Familien-Betrieb zu übernehmen, Freunde machen ebenso Lehre oder dies sei einfach Familientradition (jeweils 5,1 %).
Stolpersteine rund um die Lehre
Als herausforderndsten Punkt schätzen alle Befragten die Schwierigkeit, ausgeschriebene Lehrstellen auch tatsächlich zu bekommen (35,8 %). Unter jenen, die bereits eine Lehre gemacht haben, sehen sogar 42,1 % diesen Umstand als die größte Hürde an. Auch für jene, die sich noch nicht endgültig für eine Ausbildung entschieden haben, sich aber vorstellen können, eine Lehre zu machen, ist dies ein sehr entscheidender Punkt. Mehr als 45 % dieser Befragten-Gruppe orteten hier einen wesentlichen Stolperstein.
Bemerkenswert: Die wirtschaftlichen Bedingungen im Rahmen einer Lehre erschienen in der Gruppe jener Befragten, die keine Lehre absolviert hatten und auch sicher keine machen werden, als nicht unwesentlicher Aspekt: Mehr als 26 % nannten diesen Punkt. Dies war hingegen nur für 19,7 % derer, die bereits eine Lehre absolviert haben und gar nur 7 % derer, die angeben, sicher eine Lehre machen zu wollen, eine nennenswerte, mögliche Herausforderung.
Einflussfaktoren und Informationsquellen: Eltern, Freunde und das Internet
Wenig überraschend informieren sich bereits 9 von 10 angehenden Lehrlingen im Internet über Ausbildung und verfügbare Lehrstellen. Rund ein Drittel gibt an, entsprechende Informationsveranstaltungen zu besuchen.
Mehr als 52 % der angehenden Lehrlinge geben an, die Entscheidung, eine Lehre zu machen, völlig alleine zu treffen. Rund 40 % lassen sich beraten – hier sind vor allem Eltern und Familie (73,2 %) sowie Freunde (48,2 %) und Lehrer (17,9 %) wichtige Einflussfaktoren. Bei 3 von 4 jener befragten Personen, die bereits eine Lehre gemacht haben, bzw. sicher eine Lehre machen werden, hatte übrigens zumindest ein Elternteil ebenso bereits eine Lehre gemacht.
Folgende Tipps für Bewerbung und den weiteren Verlauf der Lehre nannten die HR-Spezialisten der von willhaben befragten Unternehmen, die Lehrlinge in großer Zahl ausbilden:
Ordentliche und vollständige Bewerbungsunterlagen (Motivationsschreiben, Lebenslauf inkl. Foto, Zeugnisse, etc.)
Interesse an Lehrberuf und Unternehmen zeigen, bereits im Vorfeld über das Unternehmen informieren
Authentisch sein, im Bewerbungsgespräch dem Unternehmen die Möglichkeit geben, die Person hinter dem Lebenslauf kennenzulernen
Pünktlich, gepflegt und passend gekleidet zum Bewerbungs-Gespräch erscheinen
Motivation und Engagement zeigen, schon beim Bewerbungs-Gespräch, aber auch im Ausbildungs-Verlauf
Mut zur Offenheit – viele Lehrlinge trauen sich vorallem beim Einstieg nicht, offen Fragen zu stellen, auf Unklarheiten und/oder mögliche Schwierigkeiten hinzuweisen
Durchhaltevermögen, und auch bei komplexen Aufgaben Lösungsansätze und/oder Verbesserungsmöglichkeiten aufzeigen
Zuverlässigkeit: Bei Fehlzeiten und/oder Krankheit umgehend den Betrieb informieren
Und folgende „No-Gos“ nannten die Spezialisten der von willhaben befragten Unternehmen:
Unpünktlichkeit bei Bewerbungs-Gesprächen und im Lauf der Ausbildung
Kaugummi kauen oder auch ein laut läutendes Handy während des Bewerbungsgespräches
Ablehnende und oder negative Grundeinstellung zur Lehre bzw. zum Ausbildungs-Betrieb
Unpassende Kleidung, in vielen Betrieben, insbesondere mit Kundenkontakt, können z. B. Jogginghosen, bauchfreie, ungewaschene und/oder schmuddelige Kleidung problematisch sein
Fehlende Flexibilität im Alltag.
„Ziel unserer umfassenden Umfrage war es, ein Stimmungsbild zu einem sehr wichtigen und aktuellen Thema, der Lehrlings-Situation in Österreich, einzufangen. Wir hoffen, mit den gesammelten Zahlen eine kleine Orientierungshilfe für Lehrlinge, aber auch für Unternehmen bieten zu können. Gemäß unserer Befragungen verbessern sich sowohl Image, als auch Job-Chancen, mit einer Lehrlings-Ausbildung deutlich. Zeitgerecht umfangreiche Employer-Branding-Maßnahmen zu setzen, bietet den ausbildenden Betrieben die Chance beim Wettbewerb um qualifizierte und motivierte Lehrlinge zu reüssieren“, fasst Markus Zink, Head of Jobs & Karriere bei willhaben Hintergründe und Ergebnisse der großangelegten Lehrlings-Umfrage zusammen.