14. März 2022

EcoAustria Kurzstudie: Ukraine-Russland-Krise und ihre Folgen – Ermittlung auf Basis von Erdgaspreisentwicklungen und Exportausfall

Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Finanzen

Das Wirtschaftsforschungsinstitut EcoAustria hat den Ukrainekrieg und seine ökonomischen Folgen für die österreichische Volkswirtschaft analysiert. Der Einmarsch russischer Truppen in der Ukraine hat weitreichende politische und wirtschaftliche Konsequenzen. Die Krise zeigt auch die Abhängigkeit der europäischen Wirtschaft von Rohstoffen aus dieser Region. In dieser Kurzstudie wird der Frage nachgegangen, welche Auswirkungen mit dem markanten Erdgaspreisanstieg und einem Aussetzen von Exporten nach Russland und der Ukraine verbunden sind.

Die EU hat infolge mehrere Sanktionspakete beschlossen, die auf eine Schwächung der wirtschaftlichen Position Russlands abzielen. Damit sind aber auch Rückwirkungen auf europäische Volkswirtschaften verbunden. Dies zeigt sich insbesondere bei der Abhängigkeit Europas von Rohstofflieferungen aus Russland. Die bereits vor dem Einmarsch kräftig anziehende Preisentwicklung bei Rohstoffen hat seitdem noch erheblich an Wachstumsdynamik gewonnen. Darüber hinaus wurden vielfach auch Geschäftsbeziehungen mit Russland im Gefolge der Auseinandersetzungen eingestellt oder auf Eis gelegt. Dementsprechend ist davon auszugehen, dass die Exporte nach Russland deutlich zurückgehen werden.

Entsprechendes kann, mit Ausnahme von Gütern, die speziell für die Versorgung der Bevölkerung vorgesehen sind, vorübergehend auch für die Ukraine angenommen werden. Dies dämpft die Exportaussichten der europäischen Wirtschaft mit entsprechend niedrigeren Wachstumsperspektiven der Volkswirtschaft insgesamt.

In dieser Kurzstudie wird untersucht, welche Folgewirkungen für die österreichische Volkswirtschaft mit einem hohen Erdgaspreis und einem Wegbrechen der Exporte in diese beiden Länder verbunden sind. Österreich ist durch die hohe Abhängigkeit von russischem Erdgas besonders betroffen. So spielt Erdgas eine wichtige Rolle für das Heizen in privaten Haushalten und in Unternehmen. Daneben ist aber auch die österreichische Industrie sehr stark von Erdgasimporten abhängig.

Dies ist auch eine Folge des überdurchschnittlichen Industrieanteils Österreichs im Vergleich mit anderen EU-Mitgliedstaaten. Exportorientierte Unternehmen stehen vor der Problematik, dass höhere Kosten nicht umfänglich weitergegeben werden können, da diese in anderen Ländern in deutlich geringerem Umfang angezogen haben bzw. anziehen. Hinsichtlich der Bruttoexporte Österreichs nach Russland und in die Ukraine nimmt Österreich mit rund 0,9 Prozent des BIP eine Mittelposition innerhalb der EU ein.

Für die Ermittlung der volkswirtschaftlichen Auswirkungen wurde das Makromodell E-PuMA herangezogen. Das Modell bildet neben dem Arbeitsmarkt und dem öffentlichen Bereich auch den Energie- und Umweltbereich detailliert ab und erlaubt die Analyse der Folgewirkungen des Energiepreisanstiegs und eines Exportstopps.

In der Analyse wird von einem deutlichen Erdgaspreisanstieg ausgegangen. Unter Berücksichtigung von Markterwartungen und Beschaffungsstrategien von Unternehmen wird im Hauptszenario ein Anstieg auf im Schnitt rund 80 Euro je MWh im Jahr 2023 unterstellt. Ein zweites Szenario geht von einem dauerhafteren Preiszuwachs aus, sodass für das Jahr 2023 ein Preis von rund 130 Euro im Schnitt angenommen wird.

Die Analyse dieser beiden Schocks mit dem Makromodell E-PuMA zeigt, dass im Hauptszenario die wirtschaftliche Erholung nach der COVID-19-Krise erheblich gedämpft wird. Die Beschäftigung dürfte gegenüber dem Basisszenario um etwa 40.000 Personen niedriger ausfallen, die Arbeitslosigkeit (internationale Definition) bis zu 30.000 Personen zulegen und die Investitionen um 3 Prozent einbrechen. Das BIP wird im heurigen und nächsten Jahr um etwa 1,3 Prozent als im Szenario ohne Ukraine-Russland-Krise niedriger ausfallen.

Im Szenario mit längerfristigem Effekt auf die Erdgaspreise könnte im Jahr 2023 die Beschäftigung um rund 60.000 Personen niedriger sein als im Szenario ohne Krise, die Arbeitslosigkeit legt gemäß Modellsimulation um mehr als 35.000 Personen zu. Die Investitionstätigkeit der Unternehmen wird hiervon noch kräftiger betroffen sein. Das BIP liegt im kommenden um knapp 8 Mrd. Euro niedriger. Mit dem Ausklingen der Krise gehen die Auswirkungen wieder deutlich zurück. Dennoch ist auch in nachfolgenden Jahren noch mit spürbaren Wirkungen, geringerer Beschäftigung und Investitionszurückhaltung zu rechnen.

 

Tabelle_3_Erdgaspreisanstieg_und_Exportstopp_Szenario1
Druckfähiger Download Foto: © EcoAustria

Die Details der Studie finden Sie im Anhang bzw. unter https://ecoaustria.ac.at/ukraine-russland-gaspreise/ 

Pressekontakt:
Thomas Reiter
0676 66 88 611
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